Nossob Valley, KTP, Südafrika/Botswana

Löwenspuren

Ich nehme euch mit auf einen morgendlichen Ausflug im Nossobtal. Ich bin inzwischen auf der Campsite Nossob einquartiert und bin am Morgen eine der ersten, die parat ist, den Zettel im Office abholt und losfährt. In Nossob gibt es nur zwei Richtungen zur Auswahl, entweder man fährt Richtung Norden oder Richtung Süden.

Heute Morgen entscheide ich mich für Norden und ich bin tatsächlich die erste, die losfährt. Am Anfang fahre ich relativ zügig, damit ich vom Camp wegkomme. Denn irgendwann werden sich die nächsten Autos auf den Weg machen und dann kann es schnell mal überfüllt werden, wenn es eine gute Sichtung gibt.

Das macht mir im KTP im Moment ein bisschen zu schaffen. Auf unserem Trip in Botswana waren wir an vielen Orten entweder ganz oder fast ganz alleine. Und dementsprechend hatten wir auch viele geniale Sichtungen ganz für uns alleine. Nicht, dass ich den anderen Besuchern keine schöne Sichtungen gönne, aber man wird halt auch ein bisschen verwöhnt, wenn man sich oft in abgelegenen Gegenden aufhält. Und mir wird es dann schnell zu viel, wenn andere Autos auftauchen und jeder den besten Platz ergattern will.

Aber im Moment bin ich ja noch ganz alleine unterwegs und damit das auch noch eine Weile so bleibt, bin ich wie gesagt eher zügig unterwegs.

Irgendwann entdecke ich Spuren auf der Strasse. Ich halte an, um zu sehen, um welches Tier es sich handelt. Mein Auge ist inzwischen natürlich ein bisschen geschult sodass ich schon beim Fahren erkenne, dass es sich um Raubtier-Spuren handeln muss. Und es sind tatsächlich Löwenspuren und es werden sogar immer mehr.

Nun wird es richtig spannend! Denn die meisten der Spuren führen in die Richtung, in die ich unterwegs bin. Also bin ich ab sofort etwas langsamer unterwegs, damit ich nicht verpasse, wenn die Spur plötzlich aufhört. Ich habe aber keine Ahnung, wie weit die Löwen von dieser Spur entfernt sind. Ich kann nicht erkennen, wie frisch die Spuren sind, obwohl sie für mich zum Teil doch sehr frisch aussehen. Also sie müssen von letzter Nacht stammen, das ist klar. Aber Löwen können in einer Nacht eine unglaublich grosse Strecke zurück legen. Ich sehe aber auch kleinere Spuren, die von Löwenjungen stammen müssten.

Immer wieder verschwinden die Spuren auf der Strasse und ich denke mehrmals, dass ich die Löwen verloren habe und sie nicht finden werde. Und dann plötzlich tauchen die Spuren doch wieder auf.
Es ist ein sehr nervenaufreibendes Spiel und auch ziemlich anstrengend, vor allem wenn man alleine ist. Denn ich muss mich aufs Fahren konzentrieren, die Spuren auf der Strasse scannen und gleichzeitig die ganze Umgebung absuchen, damit ich die Löwen nicht verpasse, falls sie irgendwo liegen. Selbstverständlich ist es auch immer möglich, dass auch andere Tiere unterwegs sind und auch diese möchte ich natürlich nicht verpassen.

Ich folge den Spuren tatsächlich über eine Stunde, und immer wieder schwanke ich zwischen Euphorie und Enttäuschung, weil ich denke, ich finde die Löwen vielleicht doch nicht mehr. Dann aber plötzlich tauchen die Spuren wieder auf. Sie sind auch immer wieder verwirrend. Ich kann einen männlichen Löwen ausmachen, erstens sind die Pfotenabdrücke wirklich riesig und ich sehe es auch an der Zickzack-Linie, die er zurück gelegt hat. Daran erkenne ich, dass er überall am markieren ist. Diese grossen Spuren führen aber plötzlich wieder in die entgegengesetzte Richtung und dann irgendwann doch wieder in die Richtung, in die ich fahre.

Also alles in allem ist es sehr verwirrend und ich weiss bis zum Schluss nicht, was ich antreffe. Und plötzlich sind sie doch da!! Ich sehe eine Löwin und ein Junges, aber sie sind bereits von der Strasse weg und ich sehe sie gerade noch im Busch verschwinden.

Dies ist das einzige Foto, das ich von ihnen vorher noch machen konnte:

Das Kleine schaut nochmals zu mir zurück, aber seine Mutter zieht bereits weiter von der Strasse weg. Sie geht hoch auf einen Hügel und von dort brüllt sie laut in die Ebene hinaus. Ich warte ab, aber es kommt keine Antwort. Ich gehe davon aus, dass weitere Weibchen unterwegs sind und diese vielleicht voran gegangen sind und sie sie jetzt sucht.

Einerseits freue ich mich natürlich sehr, dass ich die beiden gefunden habe, es ist aber natürlich schade, dass ich nicht mehr Zeit mit ihnen verbringen konnte.

Und so fahre ich weiter und schon bald entdecke ich weitere Löwentracks! Also sind die restlichen Familienmitglieder vermutlich doch noch vor mir und meine Chancen auf weitere Löwensichtungen steigen wieder.

Und siehe da, schon bald komme ich an eine Pfütze in der Strasse und zwei Weibchen sind dort am trinken. Ich nähre mich ihnen langsam und platziere mich in einiger Entfernung, damit ich sie beobachten und fotografieren kann:

Nach einiger Zeit legen sie sich etwas abseits der Pfütze im Schatten hin und putzen sich gegenseitig.
Plötzlich schauen sie ganz gebannt in eine Richtung und als ich ihrem Blick folge, erkenne ich weit weg eine weitere Löwin, die auf dem Weg hierher ist:

Auch sie geht erst einmal zur Pfütze und trinkt ausgiebig:

Danach gesellt sie sich zu den anderen und sie wird ausgiebig begrüsst. In der Ferne höre ich nun Motorengeräusch und weiss, dass nun schon bald die ersten Autos hier auftauchen werden.

Und tatsächlich kommen 4 Fahrzeuge an, stellen sich vor und hinter mir hin, um die Löwinnen zu beobachten. Nun ist es für mich an der Zeit, weiter zu fahren, denn einerseits liegen die Löwinnen nun im Schatten und man kann sie nicht mehr so gut sehen und andererseits muss ja auch der Male Lion immer noch irgendwo sein! Gerade als ich los will, fährt das Auto, das sich vor mir platziert hat los. Also warte ich noch einen Moment und fahre dann auch weiter.

Wie sich schon bald herausstellt, hätte ich früher losfahren müssen. Denn das Auto vor mir trifft schon bald auf den Male Lion und haben ihn in voller Pracht vor sich, wie er auf einer Erhöhung direkt neben der Strasse liegt.

Ich komme dort an, erkenne die Situation, fahre langsam näher und will mich gerade platzieren um ihn zu fotografieren. In dem Moment steht er doch tatsächlich auf, kommt runter auf die Strasse, mir entgegen und läuft ganz nahe an meinem Auto vorbei. Natürlich war ich noch überhaupt nicht parat und es gab weder gute Bilder, noch konnte ich so schnell ein Video von ihm machen….

Selbstverständlich hat mich das in dem Moment sehr geärgert… Denn ich habe nun stundenlang seine Spuren verfolgt und im entscheidenden Moment war dann tatsächlich ein anderes Auto zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle… Ich hätte es mir wirklich gewünscht, dass ich ihn so antreffen könnte. Aber so ist das eben im Busch… Manchmal hat man Glück und manchmal Pech. Obwohl es natürlich angemessen ist, hier von Pech zu sprechen. Denn einerseits habe ich einige Mitglieder dieser Löwenfamilie angetroffen und war ganz alleine mit ihnen und andererseits habe ich ja auch das Männchen noch angetroffen. Zwar hat es nicht für ein schönes Foto gereicht, aber immerhin ist er dann noch lange auf der Strasse zurück gelaufen und wir konnten ihm in einiger Entfernung folgen.
Also das Erlebnis und die Begegnung waren trotzdem schön und eindrücklich. Und er ist wirklich ein Prachtexemplar!

Auf diesen Bildern kann man erkenne, wie er mich überrascht hat, also ich noch überhaupt nicht parat war, ihn zu fotografieren 😂:

Nicht ganz scharf, aber immerhin habe ich es geschafft, auf einem Bild sein ganzes Gesicht einzufangen :-)!